Behutsame
Erneuerung
«Unsere Bestandsbauten sind eine Ressource»
Die Bau- und Erneuerungsplanung der ABZ zeigt, welche Siedlungen in den kommenden Jahren saniert oder ersetzt werden. ABZ-Präsidentin Nathanea Elte über die Rolle von Nachhaltigkeit beim Bauen, Zielkonflikte und das Potenzial von Bestandsbauten.
2023 wurde die aktualisierte Bau- und Erneuerungsplanung vorgestellt. Welche Schwerpunkte setzt die ABZ?
Besonderen Wert legt die ABZ auf nachhaltiges Bauen, Wohnen über alle Lebensphasen hinweg und die Reduktion der CO2-Emissionen. Da uns der Erhalt günstiger Wohnungen ebenfalls wichtig ist, hat sich die Frage nach der Verlängerung der letzten Nutzungsperiode unserer Gebäude akzentuiert. Zudem stehen unsere Aussenräume im Fokus. Wir wollen noch mehr Massnahmen umsetzen für ein gutes Stadtklima, Hitzeminderung und Biodiversität.
Die ABZ setzt sich also für einen bewussten Umgang mit Energie und Umwelt ein. Wo sehen wir das heute?
Für den Ersatzneubau der Siedlung Leimbach haben wir zum Beispiel die graue Energie von Baumaterialien berechnet und dies in die Auswahl der Materialien miteinfliessen lassen. Beim Bauprojekt Koch-Quartier haben wir etwa auf ein Garagengeschoss verzichtet. Damit verarbeiten wir weniger Beton, dessen Herstellung viel CO2 ausstösst. Und: Unsere Bestandsbauten sind eine Ressource! Wenn wir eine Siedlung abbrechen oder sanieren, prüfen wir das Material. Könnten wir oder andere es noch brauchen?
«Wir wollen noch mehr Massnahmen umsetzen für ein gutes Stadtklima, Hitzeminderung und Biodiversität.»
Nathanea Elte, ABZ-Präsidentin
Wie passt das nachhaltige Bauen und Erneuern zur Strategie ABZ 105+?
Damit unterstützen wir ein bedeutsames Ziel unserer Strategie, nämlich «Ökologisch handeln». Dieses ist auch unseren Mitgliedern wichtig, wie die Umfrage nach dem Strategie-Check 2021 gezeigt hat. Es ist klar, dass wir unsere Massnahmen im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit noch weiter ausbauen müssen.
Dabei entstehen aber Zielkonflikte. Welche?
Einerseits wollen wir nachhaltiger bauen und erneuern. Dies ist mit höheren Kosten verbunden und lässt die Mieten steigen. Andererseits sind günstige Wohnungen für uns zentral.
Mit einem gänzlichen Verzicht auf Ersatzneubauten könnten wir unsere Ausnutzungsreserven nicht nutzen und damit weniger Menschen das Leben in der ABZ ermöglichen. Ein Verzicht würde weiter zu Abstrichen bei der Reduktion des Energieverbrauchs führen und weniger Spielraum für hindernisfreie Wohnungen, neue Wohnformen, Separat- und Gästezimmer geben. Deshalb wägen wir für jede Siedlung sorgfältig ab, welche Strategiepunkte wie zum Tragen kommen.
Wie kann die ABZ beim Bauen künftig weiter CO2 reduzieren?
Es gilt, sowohl die CO2-Emissionen als auch die graue Energie bei der Erstellung zu reduzieren. Dafür müssen wir früh in der Planung die Weichen stellen und die entsprechenden Spezialist:innen einbeziehen. Zudem messen und analysieren wir die graue Energie und das CO2 bei Bau und Betrieb. Das gibt uns Sicherheit über unsere Massnahmen und wir können für die Zukunft Anpassungen vornehmen.
«Wir werden neue Lösungen für die Fragen der Zukunft finden; dabei forschen und Grenzen ausloten.»
Nathanea Elte, ABZ-Präsidentin
2023 hat die ABZ mit dem Projekt Thuricum den Zuschlag für das Baurecht auf dem Areal Thurgauerstrasse erhalten. Dort gehen wir noch einen Schritt weiter im Bereich Nachhaltigkeit. Was ist die Vision?
Gemeinsam mit der Baugenossenschaft mehr als wohnen und der Wohnbaugenossenschaft Grubenacker möchten wir das erste Kreislaufareal in Zürich realisieren. Die Bauten sind Teil von geschlossenen Kreisläufen. Wir wollen regional produzierte, klimafreundliche Baumaterialien und Bauteile nutzen, die auch in mehreren Jahrzehnten wiederverwendet werden können. Wir orientieren uns am Gedanken einer inklusiven Gesellschaft, die Entwicklung des Areals basiert auf einem barrierefreien Mitwirkungsprozess.
In einem Reallabor entwickeln und prüfen wir gemeinsam mit städtischen Fachstellen, externen Fachexpert:innen und den anderen Bauträgern vor Ort Lösungsansätze für die Umsetzung von Netto-Null. Das Labor dient zudem als Lager für Re-Use-Bauteile und ermöglicht das Testen neuer Baustoffe. Die Erkenntnisse fliessen dann in Planung und Realisierung ein. Es soll aber auch ein sozialer Austausch stattfinden.
Worauf freuen Sie sich bei diesem Projekt besonders?
Ich freue mich, mit allen Beteiligten einen neuen Quartierteil zu entwickeln in einem Prozess, in dem wir voneinander lernen und sich unsere Stärken ergänzen. Wir werden neue Lösungen für die Fragen der Zukunft finden; dabei forschen und Grenzen ausloten. Ich bin stolz darauf, dass die ABZ sich auch mit diesem Projekt weiterentwickeln und erneut einen Beitrag für eine lebenswerte Stadt Zürich leisten wird.
Nathanea Elte ist seit 2017 Präsidentin der ABZ und engagiert sich auch in anderen Funktionen für den gemeinnützigen Wohnungsbau.
So ist sie unter anderem Mitglied im Vorstand von Wohnbaugenossenschaften Schweiz und von mehr als wohnen sowie Vizepräsidentin von Logis Suisse und Präsidentin der Stiftung Solinvest. Sie wohnt mit ihrer Familie in der ABZ-Siedlung Regina-Kägi-Hof.